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Wiktor Nesmelows Religionsphilosophie: Der Aufschwung von der Persönlichkeit zu Gott
Dieser Beitrag ist der Religionsphilosophie Wiktor Iwanowitsch Nesmelows gewidmet. Der russische Denker zählt zur breiten Strömung der orthodoxen Religionsphilosophie, die religiösen Glauben mit theoretischem Wissen zu versöhnen versuchte. Ausgehend von seinem Lehrer Weniamin Alexejewitsch Snegirew, wollte Nesmelow diese Aufgabe durch die Analyse der subjektiven Erfahrung lösen. Seiner Ansicht nach weisen die innere Freiheit und Unbedingtheit des Ichs immanent auf die göttliche Persönlichkeit hin, deren Spiegelbild die menschliche sein muss. Somit durchleuchtet die transzendente Realität die Struktur der menschlichen Innenwelt. Davon zeugt die intellektuelle Anschauung, d. h., das Vermögen, die Erscheinung vom Ding an sich, das Lebendige vom Toten zu unterscheiden. Diese Anschauung ist ein unmittelbarer axiomatischer Urgrund jeder Erkenntnis. Gleichzeitig lässt sie den Menschen sich als lebendige Seele erkennen und führt ihn zur hinter der Welt der theoretischen Modelle verborgenen metaphysischen Realität zurück. Es zeigt sich, dass sich durch die vorsichtige und kantisch geprägte Argumentation Nesmelows die theoretischen Nachteile der gefühlsgläubigen Theisten sowie späten Idealisten vermeiden lassen. Obwohl sie als eine der erfolgreichsten Strategien zur Verteidigung des Theismus angesehen wird, bleibt sie jedoch rein spekulativ und erscheint dadurch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fast anachronisch.